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21.02.2017 |

EU-Staaten gegen Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung

Broklo
Keine Patente auf Brokkoli und Co (Foto: CC0)

Die EU-Mitgliedstaaten haben sich gegen Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung ausgesprochen – und damit gegen die viel kritisierte Praxis des Europäischen Patentamts (EPA), das diese Patente immer wieder erteilt. Der Europäische Rat für Wettbewerbsfähigkeit bestätigte in seiner Sitzung vom 20. Februar, dass konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere – anders als gentechnisch veränderte – nicht patentierbar sind und rief die EU-Staaten dazu auf, das EPA in die Schranken zu weisen. Das Patentamt mit Sitz in München gewährt Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung, obwohl dies gegen EU-Patentrecht verstößt. Zuletzt sorgten 2016 die „Bierpatente“ für Aufregung: Carlsberg hatte drei Patente erhalten, die sich auf Gerste aus konventioneller Züchtung und deren Nutzung für das Brauen und das durch diesen Prozess entstehende Bier erstrecken. Aber auch Melonen, Brokkoli, Tomaten, Sojabohnen oder eine Paprika, die von wilden Chili-Sorten aus Jamaika mit einer natürlichen Insektenresistenz abstammt, sind vor der Patentierungswut des EPA nicht sicher.

Das europäische Patentrecht untersagt Patente auf Pflanzen und Tiere, „die aus im Wesentlichen biologischen Verfahren“ gewonnen wurden. Das EPA legt diesen Text jedoch anders aus. Dessen Große Beschwerdekammer hatte im März 2015 in einer Grundsatzentscheidung zum „Brokkoli-Patent“ entschieden, dass Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere weiterhin zulässig sind, auch wenn die Züchtungsverfahren als solche nicht patentierbar sind. Im Dezember 2015 hatte das EU-Parlament dies mit deutlicher Mehrheit zurückgewiesen. Auch die EU-Kommission stützt diese Ansicht und widersprach der EPA-Praxis am 3. November 2016 in einer Stellungnahme. Nun legen die EU-Mitgliedsstaaten nochmals nach: In den gestern verabschiedeten Schlussfolgerungen bestätigt der Rat, dass das EPA diese Patente erteilt, „obwohl das Verfahren zur Herstellung dieser Produkte im Wesentlichen biologisch und damit nicht patentierbar sind“. Er „drängt die Mitgliedsstaaten in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Europäischen Patentsamts (EPA) dazu, sich dafür einzusetzen, dass die Praxis des EPA mit dem Inhalt der Schlussfolgerungen übereinstimmt.“

Die Entscheidung folgt auf jahrelange Proteste der Zivilgesellschaft gegen Patente auf Pflanzen und Tiere. „Das ist ein wichtiger Erfolg für alle Menschen, die sich in den letzten Jahren gegen die Monopolisierung von Saatgut, Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung eingesetzt haben. Endlich erfolgen politische Korrekturen“, sagt Lara Dovifat von Campact. Vor allem das internationale Bündnis „Keine Patente auf Saatgut!“, das weltweit von über 300 NGOs und Bauernorganisationen unterstützt wird, fordert schon lange, dass diese Patente gestoppt werden. Die Organisationen fürchten eine zunehmende Monopolisierung der Tier- und Pflanzenzüchtung und damit der Basis von Landwirtschaft und Ernährung sowie die Ausweitung der Marktmacht der Konzerne zulasten von Landwirten, Züchtern und Verbrauchern. „Keine Patente auf Saatgut!“ hatte bereits mehrere Einsprüche gegen Patente auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung eingereicht und im Juni 2016 dem Verwaltungsrat des EPA über 800.000 Unterschriften übergeben. Bisher zeigte sich das EPA jedoch uneinsichtig. Laut einem aktuellen Bericht des Bündnisses wurden beim EPA etwa 1400 Anträge zur Patentierung von Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung eingereicht und etwa 180 solcher Patente gewährt. „Diese Patente sind nicht erfinderisch, sie beruhen vielmehr auf einem Missbrauch des Patentrechts und müssen deswegen verboten werden“, sagt Annemarie Volling von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Nachdem weder die Konzerne noch das Patentamt einsichtig sind, muss jetzt die Politik das Europäische Patentamt in die Schranken weisen.“ (ab)

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