Nachricht

29.12.2016 |

Verstädterung frisst 30 Millionen Hektar des weltweit fruchtbarsten Ackerlandes

Stadt
Urbanisierung frisst fruchtbares Ackerland (Foto: CC0)

Die Verstädterung bemächtigt sich der fruchtbarsten Ackerflächen der Welt und wirkt sich damit negativ auf die Nahrungsmittelproduktion und die Lebensgrundlagen von Kleinbauern im globalen Süden aus. Das zeigt eine neue Studie, die im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) erschienen ist. Demnach werden bis 2030 rund 300.000 Quadratkilometer von besonders fruchtbarem Ackerland durch die rasante Ausdehnung der Städte verloren gehen – eine Fläche, die fast so groß wie Deutschland ist und im Jahr 2000 etwa 3-4% des weltweiten Anbaus von Nahrungspflanzen stemmte. Laut den Berechnungen der Wissenschaftler des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) könnte diese Fläche rund 300 Millionen Menschen ein ganzes Jahr lang mit täglich 2.500 Kalorien versorgen. Für die Studie kombinierten die Forscher Prognosen der Yale University über die räumliche Ausdehnung von Städten mit Landnutzungsdaten der University of Minnesota und der University of British Columbia zur globalen landwirtschaftlichen Nutzfläche und den darauf erzielten Ernteerträgen für die 16 wichtigsten Nahrungspflanzen. Das Ergebnis: Bis 2030 werden der Verstädterung 1,8 bis 2,4% der globalen Ackerfläche anheimfallen. Gut 80% der Verluste werden in Asien und Afrika erfolgen. Während Afrika die höchste Verstädterungsrate aufweist, wird in Asien die größte absolute Bevölkerungszunahme erleben. Ein Viertel des globalen Flächenfraßes entfällt mit 80,000 km² allein auf China. Den Autoren zufolge wird die Verstädterung dort die produktivsten Flächen in großem Umfang auffressen und könnte damit die heimische Lebensmittelproduktion bedrohen. „Hotspots des Ackerlandverlusts liegen häufig in einem Flussdelta, etwa im Goldenen Dreieck des Jangtse bei Schanghai oder im Perlfluss-Delta bei Hongkong“, sagte der Hauptautor der Studie, Christopher Bren d’Amour. Landnutzungskonflikte zwischen der Expansion der Städte und der Lebensmittelproduktion werden regional unterschiedlich ausfallen, so die Studie. „Vieles hängt von den individuellen Urbanisierungsdynamiken der Länder ab. In Indien vollzieht sich die Verstädterung beispielsweise langsamer und auf niedrigerem Niveau als in China“, erklärt Bren d’Amour. In Afrika droht der höchste prozentuale Verlust von Ackerland. Als Hotspots gelten Nigeria, Burundi und Ruanda.

Die Studie warnt, dass gerade die besonders fruchtbaren Flächen den Städten weichen müssen: Betroffen seien landwirtschaftliche Flächen, die 1,77 Mal produktiver sind als der globale Durchschnitt. Den Autoren zufolge „erhöht diese Dynamik den Druck auf künftig potenziell stark beanspruchte Ernährungssysteme und bedroht die Lebensgrundlagen in verletzlichen Regionen“. Das Wachstum der Städte hat laut der Studie aber noch weitere Auswirkungen auf die Ernährungssysteme, vor allem für Kleinbauern. In großen urbanen Gebieten wachse auch die Zahl der Supermärkte, die kleine Lebensmittelgeschäfte in lokalem Besitz verdrängen. Das habe Folgen für traditionelle Einzelhändler, kleine Lebensmittelproduzenten und die gesamte Lieferkette, da einst dezentrale Systeme der Lebensmittelbeschaffung durch zentralisierte Systeme mit großen Verteilungszentren abgelöst werden. Die Autoren sehen die Regierungen der landwirtschaftlich geprägten Volkswirtschaften im globalen Süden in der Verantwortung, Maßnahmen zum Schutz kleiner Lebensmittelproduzenten und -händler zu ergreifen, um ihre Lebensgrundlagen zu bewahren. „Die Stadtplaner können dazu beitragen, dass besonders Kleinbauern nicht ihre landwirtschaftliche Lebensgrundlage verlieren. Dazu könnte eine raumeffiziente Urbanisierung beitragen, die vorhandene produktive Landwirtschaft bewahrt, aber auch weiterhin Kleinbauern den Zugang zum städtischen Lebensmittelmarkt ermöglicht“, betont Mitautor Felix Creutzig vom MCC. (ab)

Zurück zu den Meldungen

Unterstützer

Unterstützer von www.weltagrarbericht.de Verlag der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. Bioland biovision Brot für die Welt Brot für alle Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland Demeter Zukunftsstiftung Entwicklung in der GLS Treuhand Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz Heidehof Stiftung Mission EineWelt Misereor Naturland Public Eye | Erklärung von Bern Rapunzel - Wir machen Bio aus Liebe Swiss Aid, Ihr mutiges Hilfswerk tegut W-E-G Stiftung
English versionEnglish versionDeutsche Version