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05.09.2016 |

Klimafreundlicher Konsum: Agrarbeiräte fordern höhere Fleischsteuer

Grill
Öfters mal Finger weg vom Fleisch, Männer! (Foto: CC0)

Deutschland kann seine Klimaschutzziele nur erreichen, wenn auch die Landwirtschaft und das Konsumverhalten der Bevölkerung klimafreundlicher werden. Daher fordern zwei Expertenbeiräte der Regierung nun unter anderem die Reduzierung des Fleischkonsums sowie die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für tierische Produkte. Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz und der Beirat für Waldpolitik des Landwirtschaftsministeriums haben auf mehr als 400 Seiten Empfehlungen für einen wirksamen Klimaschutz in der Land-, Forst- und Holzwirtschaft sowie im Ernährungsbereich zusammengetragen. Den Experten zufolge entfielen 2014 mit 104 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten rund 11% der Emissionen in Deutschland auf die Landwirtschaft. Werden die Emissionen einbezogen, die bei der Herstellung, Vermarktung und Zubereitung der bundesweit verzehrten oder weggeworfenen Lebensmittel entstehen, verursachen Landwirtschaft und Ernährung ein Viertel der Emission. Wenn Deutschland und die EU also bis 2050 gut 80 bis 95% des Treibhausgas-Ausstoßes im Vergleich zu 1990 verringern wollen, besteht hier Handlungsbedarf, so die Wissenschaftler. Um zu vermeiden, dass die Produktion klimaschädlicher Lebensmittel und damit der CO2-Ausstoß ins Ausland verlagert werden, sei die Umstellung des Konsums auf klimafreundlichere Lebensmittel notwendig. „Die Beiräte sehen daher eine Reduzierung des Verzehrs tierischer Produkte bei denjenigen Personen, deren Verbrauch dieser Produkte über den ernährungswissenschaftlich basierten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) liegt, als wichtige Stellschraube zur Reduktion von Treibhausgas-Emissionen an“, schreiben die Experten. Die höchsten Emissionen je Kilogramm verursachen dem Gutachten zufolge Butter, Rindfleisch, Käse und Quark, Schweine- sowie Geflügelfleisch, während pflanzliche Lebensmittel pro Kalorie bzw. pro Gramm Protein besser abschneiden. Gemäß den Empfehlungen der DGE sollte der Verzehr von Fleisch- und Fleischprodukten für gesunde Erwachsene bei nicht mehr als 600 Gramm pro Woche liegen. Doch das kümmert gerade die Männer hierzulande recht wenig. Im Schnitt vertilgen sie derzeit wöchentlich 1,1 Kilogramm Fleisch und Wurst, die Frauen kommen auf 600 Gramm. Würde die Bevölkerung zur Einhaltung der DGE-Empfehlungen bewegt, ließen sich im Jahr 22,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen. Zur Erreichung dieses Ziels empfehlen die Beiräte neben Informationskampagnen die Belegung tierischer Produkte mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19% statt dem aktuell angewandten reduzierten Satz von 7%. Um negative Auswirkungen auf ärmere Bevölkerungsteile abzupuffern, seien flankierende sozialpolitische Maßnahmen erforderlich, z. B. die Anpassung des für Lebensmittel angesetzten Budgets im Rahmen sozialer Transferleistungen. Die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung soll nach Ansicht der Beiräte eine Vorreiterrolle einnehmen: In Kitas und Schulen etwa soll mehr Gemüse statt Fleisch auf die Teller kommen. Das zweitgrößte Treibhausgas-Minderungspotenzial sieht das Gutachten in der Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Verbraucher sollten verstärkt darüber aufgeklärt werden, dass es sich beim Mindesthaltbarkeitsdatum nicht um ein Verfallsdatum handelt. Als weitere auf einen klimafreundlicheren Konsum abzielende Maßnahmen nennen die Beiräte das Ersetzen von Mineralwasser durch Leitungswasser und eine starke Verringerung des Konsums von mit dem Flugzeug importierten Lebensmitteln. Doch nicht nur die Verbraucher sollen in die Pflicht genommen werden. Eine Verschärfung des Düngerechts und die Einführung einer Abgabe, wenn Stickstoff-Überschüsse nicht hinreichend reduziert werden, lautet ein Vorschlag. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, dem das Gutachten am Freitag in Berlin überreicht wurde, kündigte an, sein Ministerium werde das Papier intensiv prüfen. (ab)

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