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19.05.2016 |

Gekniffen: EU-Staaten verschieben erneut Glyphosat-Entscheidung

Glypho
Gift auf dem Acker (Foto: pixabay, CC0, hpgruesen)

Die Entscheidung über eine weitere Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat in der EU ist erneut vertagt worden. Bei einem Treffen von Vertretern der 28 Länder am Donnerstag in Brüssel kam es gar nicht erst zu einer Abstimmung, da sich keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Neuzulassung im zuständigen Ausschuss abzeichnete. Während Frankreich bereits ein Nein angekündigt hatte, ist die Position der Bundesregierung aufgrund von Differenzen in der Koalition unklar. Während Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt und die Union weiterhin Glyphosat auf deutschen Äckern befürworten, lehnen die SPD und Bundesumweltministerin Barbara Hendricks eine Neuzulassung ab. Damit hätte sich Deutschland vermutlich enthalten. Bereits im März hatten sich die EU-Staaten vor einer Abstimmung gedrückt. „Die Angst vor dem Stopp von Glyphosat ist offenbar so groß, dass die Mehrheit der Mitgliedstaaten die Entscheidung wieder einmal lieber vertagt hat. Jetzt muss ein neuer Vorschlag auf den Tisch“, fordert Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im EU-Parlament. Somit herrscht weiter Rätselraten um die Zukunft von Glyphosat in der EU, da die Zulassung am 30. Juni ausläuft. Glyphosat ist das hierzulande und weltweit am meisten verkaufte Herbizid und findet nicht nur in der Landwirtschaft sondern auch in Kleingärten und Grünanlagen Anwendung. Seit Monaten tobt ein erbitterter Streit über die Gefahren von Glyphosat für die menschliche Gesundheit. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa und das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung halten den Wirkstoff für „wahrscheinlich“ nicht krebserregend. Im März letzten Jahres hatte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation hingegen Glyphosat als „wahrscheinlich“ krebserregend für den Menschen eingestuft. Das JMPR, ein weiteres Fachgremium der WHO, hatte am Montag verkündet, Glyphosatrückstände in Lebensmitteln seien nicht krebserregend. Medienberichten zufolge stehen Forscher des JMPR jedoch in einem Interessenkonflikt: Der Vorsitzende und sein Stellvertreter sollen beide Leitungspositionen beim International Life Science Institute, das von der Industrie finanziert wird. 2012 soll von Monsanto eine satte Spende in Höhe von 500.000 US-Dollar an das Institut geflossen sein, eine weitere Spende in vergleichbarer Höhe hatte die Vereinigung Croplife International überwiesen, zu der die Crème de la Crème der Pestizidhersteller gehört. Der deutsche Agrarminster verkündete am Donnerstag, es gebe keinen „wissenschaftlichen Dissens“, die IARC-Wissenschaftler hätten lediglich „das theoretische Krebspotential“ untersucht. Schmidt hegt daher keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung. Häusling sieht das anders: „Konsequent wäre es, Glyphosat ganz zu verbieten. Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten müssen das europäische Vorsorgeprinzip anwenden und das Pflanzengift vom Markt nehmen.“ Es gebe genügend Alternativen zu Glyphosat. „Biobauern machen mit ausgewogenen Fruchtfolgen, Zwischenfrüchten und Untersaaten vor, wie Landwirtschaft und Bodenschutz auch ohne Totalherbizide geht. Die Europäische Kommission muss endlich die Alternativen berücksichtigen und einen neuen Vorschlag vorlegen.“ Diese hatte nun laut Schmidt die Möglichkeit einer befristeten Verlängerung der aktuellen Zulassung zur Überbrückung bis zu einer abschließenden Abstimmung ins Gespräch gebracht. (ab)

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