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20.11.2015 |

Biopiraterie: Indigene und Kleinbauern gehen beim Stevia-Boom leer aus

Stevia
Begehrte Stevia-Pflanze (Foto: tJj hebam 3000/Flickr.com)

Die Stevia-Pflanze wird aufgrund ihrer süßenden Eigenschaft als der neue Zuckerersatz gehypt. Doch bei der zunehmenden Vermarktung handelt es sich um Biopiraterie und damit um eine Verletzung der Rechte indigener Gruppen in Brasilien und Paraguay. Das zeigt ein neuer Bericht, den das das Hilfswerk MISEREOR gemeinsam mit der Uni Hohenheim, der Erklärung von Bern und anderen Organisationen veröffentlicht hat. Tausende von Produkten mit aus der traditionellen Nutzpflanze industriell hergestellten Steviolglykosiden sind bereits auf dem Markt: PepsiCo und Coca Cola haben damit gesüßte Cola- Getränke herausgebracht, aber auch vielen Tees, Säften, Joghurts, Milchmixgetränken und kohlesäurehaltigen Erfrischungsgetränken verleihen Steviolglykoside die gewünschte Süße. „Die Grundlage des Stevia-Booms, mit dem Wirtschaftsunternehmen Milliarden-Summen verdienen, ist das jahrhundertealte Wissen indigener Guarani-Gruppen im Grenzland zwischen Paraguay und Brasilien über die Eigenschaften der Pflanze. Wenn Konzerne wie Coca Cola oder Cargill Stevia zu einer lukrativen Einnahmequelle machen, müssen sie das Mitspracherecht der Guarani achten“, betont Benjamin Luig, Referent für Agrar- und Ernährungspolitik bei MISEREOR und Mitautor der Studie. Denn es gibt da noch die internationale Biodiversitätskonvention und das Nagoya-Protokoll gegen Biopiraterie von 2014. Dieses verankert, dass die Träger traditionellen Wissens das Recht haben, über dessen Verwendung mitzubestimmen und an wirtschaftlichen Vorteilen beteiligt zu werden, wenn dieses Wissen kommerziell genutzt wird. Doch die Guarani gingen bisher leer aus. Weltweit gibt es bereits über 1000 Patentanmeldungen auf Steviolglykoside, doch die indigenen Gemeinschaften wurden niemals konsultiert. Ein klarer Fall von Biopiraterie, so Luig, und diese könnte noch größere Ausmaße annehmen. Denn bereits 2016 will Cargill mit seinem Produkt „Eversweet“ einen Süßstoff auf den Markt bringen, der Steviolglykoside enthält, die mithilfe von synthetischer Biologie hergestellt werden. Sollte sich diese Produktionsform durchsetzen, könnte dies das Ende des Marktes für Stevia-Blätter bedeuten, denn gegenwärtig können Länder wie Paraguay zumindest durch den Anbau von Stevia-Pflanzen als Rohstoff für die Herstellung von Steviolglykosiden noch ein kleines Stück des Kuchens ab. Die Studienherausgeber fordern, dass die Konzerne in Verhandlungen mit den Guarani treten und deren Ansprüche anerkennen. So sehe die brasilianische Gesetzgebung klar vor, dass der Anspruch der Guarani rückwirkend und selbst dann gelte, wenn die Pflanze außerhalb des Landes angebaut wird. Zudem kritisieren die Autoren, dass die Konzerne zu Vermarktungszwecken die Indigenen als superglückliche Menschen darstellen, die 'im Einklang mit der Natur' leben“. Doch sie leben meist perspektivlos in Armut und Hunger und müssten, wie die Guarani Kaiowá in Brasilien, gegen Großinvestoren um ihr Land kämpfen – oft mit tödlichem Ausgang für die Indigenen. (ab)

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