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30.09.2015 |

Gutachten entfacht Debatte über Einführung einer Pestizidsteuer in Deutschland

Chafer
Wer Gift sprüht soll zahlen (Foto: Chafer/Flickr.com)

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung haben eine Steuer auf Pestizide vorgeschlagen, um Hersteller, Händler und Anwender an den ökologischen und gesundheitlichen Folgekosten des Einsatzes von Ackergiften zu beteiligen. Die Forscher haben berechnet, dass eine im Schnitt 20-prozentige Abgabe auf Pestizide den Verbrauch in Deutschland langfristig um 35% senken könnte. Dabei soll sich die Höhe der Steuer an der Gefährlichkeit des Produkts orientieren, um den Umstieg auf weniger riskante Mittel anzuregen. Mit den Steuereinnahmen sollen Schutzmaßnahmen und die Forschung zu alternativen Pflanzenschutzkonzepten finanziert sowie gleichzeitig ein wirtschaftlicher Anreiz zur Senkung des Pestizideinsatzes gesetzt werden, ist in dem Mitte September veröffentlichten Gutachten zu lesen. In Dänemark, Frankreich und Schweden existiert bereits eine derartige Abgabe. Schleswig-Holsteins Agrarminister Robert Habeck, der das Gutachten in Auftrag gegeben hat, will nun am Montag in Berlin die Einführung einer solchen Steuer auch in Deutschland vorschlagen. „In der Landwirtschaft werden zu hohe Mengen an Pflanzenschutzmitteln ausgebracht“, sagt Habeck. Laut dem Helmholtz-Gutachten wurden 2013 in Deutschland 36,7% mehr Pestizide verkauft als noch 20 Jahre zuvor. „Pflanzenschutzmittel und ihre Abbauprodukte können die Qualität von Böden, Gewässern und Habitaten verschlechtern sowie die Gesundheit der Anwender und Verbraucher beeinträchtigen“, schreiben die Wissenschaftler. Direkte Kosten fallen zum Beispiel bei der Trinkwasseraufbereitung und der Lebensmittelüberwachung an, hinzu kämen schwer bezifferbare Kosten wie der Rückgang von Bodenfruchtbarkeit und Erträgen, der Verlust an Bienenvölkern sowie Erkrankungen von Menschen oder Tieren. Habeck will trotz der Steuer aber auch die „ökonomische Gesamtbelastung der Landwirtschaft“ nicht aus dem Blick zu verlieren. Der Bauernverband läuft Sturm gegen die Pläne: Eine Steuer sei für viele Betriebe wirtschaftlich ruinös, unsinnig, würde die Nahrungsmittelproduktion gefährden und es drohten gar „Resistenzen, wie sie sich jetzt schon durch den geringen Herbizid- und Insektizideinsatz bei einigen Unkräutern und Schädlingen entwickelt hätten“, zitiert die Lübecker Zeitung. „Sobald man an die Grundfesten der konventionellen Landwirtschaft rangeht, kommen solche Reaktionen“, kommentierte Susanne Haffmans vom Pestizid-Aktions-Netzwerk (PAN) gegenüber der taz. Die Gefahr von Resistenzen werde von den Bauern reflexhaft beschworen. „Eine Steuer ist kein Verbot“, so Haffmans. Zudem könne bei einer grundsätzlich ökologischeren Herangehensweise ganz auf Pestizide verzichtet werden. (ab)

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