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16.04.2015 |

Brasiliens Krebsinstitut warnt vor Gesundheitsgefahren durch Pestizide

Brasilien
Gewohntes Bild in Brasilien (Foto: Claus Isenberg/flickr.com)

Brasiliens Krebsinstitut INCA hat eine konsequente Reduzierung des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft gefordert und den Gentechnik- Anbau für den explosionsartigen Anstieg des Ackergiftverbrauchs verantwortlich gemacht. Das dem Gesundheitsministerium unterstellte Institut warnte am 8. April öffentlich vor langfristigen Gesundheitsfolgen – nur wenige Tage, nachdem die WHO-Krebsforschungsagentur das Herbizid Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für Menschen“ eingestuft hatte. Brasilien ist Weltmeister im Pestizidverbrauch: Mehr als eine Million Tonnen landen alljährlich auf Äckern und Sojafeldern. Nun mahnte das INCA eine schrittweise und stetige Senkung des Giftverbrauchs an. Mit dem Appell will das Institut aufklären und Krebsfälle verhindern. „Das INCA positioniert sich eindeutig nicht unbegründet oder aus ideologischen Motiven. Das Institut folgt wissenschaftlichen Belegen, die Ergebnis der Arbeit seines Teams und von Wissenschaftlern weltweit sind“, erklärt Professor Luiz Felipe Ribeiro Pinto. Während in Brasilien 2001 der Umsatz mit Agrargiften noch 2 Milliarden US-Dollar betrug, waren es 2011 bereits 8,5 Milliarden. Pro Einwohner werden jedes Jahr im Schnitt 5,2 Liter versprüht. „Wir müssen uns erinnern, dass der Pestizideinsatz in zehn Jahren explodiert ist. Wenn wir bedenken, dass Krebs 20 oder 30 Jahre nach der Exposition auftritt, werden die Menschen die Folgen des enormen Anstiegs beim Pestizidverbrauch in etwa 15 bis 20 Jahren spüren“, so Pinto. Die Ursachen für den Anstieg benennt INCA klar: „Die Einführung von gentechnisch verändertem Saatgut in Brasilien war einer der Hauptgründe, warum das Land im internationalen Vergleich den ersten Platz beim Pestizidverbrauch einnahm, denn der Anbau von GVO erfordert große Mengen dieser Produkte.“ Bedenklich sei, dass in Brasilien die Gifte per Flugzeug aus der Luft ausgebracht werden und auch Pestizide genutzt werden, die andernorts längst verboten sind. Besonders gefährdert seien Menschen, die durch ihre Arbeit direkten Kontakt mit den Giften haben. Akute Vergiftungen äußern sich durch Hautirritationen, Augenbrennen, Erbrechen, Durchfall und Atembeschwerden, während chronische Vergiftungen wie Unfruchtbarkeit, Impotenz, Fehlgeburten oder Krebs erst viel später auftreten und der Nachweis schwierig sei. Dem Institut zufolge sind weite Teile der Bevölkerung Pestizidrückständen in Lebensmitteln ausgesetzt. Die Gesundheitsbehörde Anvisa hatte in ihren letzten Proben in zahlreichen Lebensmitteln Rückstände ermittelt, die deutlich über den zugelassenen Höchstmengen lagen oder von nicht zugelassenen Pestiziden stammten. Nicht nur in Obst und Gemüse, sondern auch in industriell verarbeiteten Lebensmitteln wie Keksen, Brot oder Pizza sowie in Fleisch und Milch seien Rückstände festgestellt worden. Aus Angst dürfe die Folge aber nicht der Verzicht auf Obst und Gemüse sein: „Im Mittelpunkt muss der Kampf gegen den Pestizideinsatz stehen, der alle Quellen unserer lebenswichtigen Ressourcen wie Nahrung, Böden, Gewässer, Muttermilch und Luft verschmutzt“, schreibt das Institut. „Statt dem vorherrschenden Agrarmodell unterstützt das INCA eine agrarökologische Erzeugung“, denn „dieses Modell verknüpft die Produktion mit der Bewahrung der Biodiversität und anderer lebenswichtiger natürlicher Ressourcen." Die agrarökologische Lebensmittelproduktion liefere Produkte, die frei von Pestiziden sind und erhalte so das ökologische Gleichgewicht, stärke die Landwirte und schütze die Natur. (ab)

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